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Gibt es eine Nahrungskonkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen?

Das Thema Nahrungskonkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen wird im Naturschutz intensiv diskutiert. Für Bienen ist besonders der Wettstreit um Blütenpollen relevant. Bei dieser Art von Konkurrenz geht es um Effekte, die den Reproduktionserfolg unterlegener Arten (Wildbienen) gefährden. Das ist zwar theoretisch vorstellbar, in der Praxis aber schwer nachweisbar, da viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen.

In Deutschland gibt es mehr als 580 Wildbienen-Arten, die sehr vielfältig und teils hochspezialisiert sind. In Niedersachsen sind etwa 360 Arten nachgewiesen. Sie sind gesetzlich geschützt (Bundesartenschutzverordnung) und zählen zu den bedrohten Arten. Die verschiedenen Arten haben jeweils nur kurze Aktivitätszeiträume von wenigen Wochen als Frühjahrs-, Frühsommer-, Sommer- oder Herbstarten. Über die Hälfte dieser Arten sind in ihrem Bestand bedroht. Für wenige einzelne Arten sind lokal begrenzte Massenvorkommen nachgewiesen. Das gilt beispielsweise für die Weiden-Sandbiene (Andrena vaga). Dem steht die als Lebensmittel produzierende, domestizierte Honigbiene als Nutztier gegenüber. Sie benötigen ihrerseits für ihr Überleben, das wesentlich durch die parasitische Varroa-Milbe und assoziierte Viren bedroht ist, die Betreuung durch die Imkerinnen und Imker.

Mehr Honigbienen, weniger Pollen für die Wildbienen?

Pollen (Blütenstaub) ist für alle Bienen notwendig, um ihre Larven aufzuziehen. Pollensammeln garantiert wiederum die Bestäubung vieler Pflanzen, von denen die Natur und wir Menschen profitieren. Da Honigbienen mit ihren vielen tausend Einzelindividuen viel Pollen benötigen, erscheint es zunächst schlüssig, dass dies theoretisch das Angebot für Wildbienen verknappen könnte.

Die verfügbare wissenschaftliche Datenlage lässt jedoch nicht den Schluss zu, eine Honigbienenpräsenz stelle pauschal ein Risiko für Wildbienen dar. Andere bekannte Einflussfaktoren sind in ihrer negativen Wirkung auf die möglicherweise betroffenen Wildbienenarten bedeutsamer. Wesentliche dieser Faktoren sind der Verlust natürlicher Lebensräume durch Nutzungsintensivierung und Bebauung oder auch der Stickstoffeintrag aus der Luft, der massive Auswirkungen auf die Pflanzvielfalt hat.

Alle Bienen schützen!

Das gesellschaftliche Interesse an Biodiversität und Artenschutz ist groß. Deshalb sollte es gleichermaßen um den Wildbienen-Artenschutz und das Wohlergehen der Honigbienen gehen. Pauschale Aufstellungsverbote von Honigbienenvölkern in geschützten Biotopen oder Naturschutzgebieten greifen nur kurzfristig und können den fortschreitenden Artenschwung seltener Wildbienen gewiss nicht verhindern. Hier besteht erheblicher Forschungsbedarf. Andererseits lohnt es sich dem verringerten Blühangebot durch Maßnahmen in der Landwirtschaft und auch im privaten Bereich entgegenzuwirken. Da kann jeder etwas dazu beitragen. Und auch Agrarumweltmaßnahmen sind hier hilfreich. Diese Maßnahmen müssen die teils besonderen Ansprüche der Wildbienen, wie beispielsweise ein kontinuierliches Angebot über Jahre hinweg oder Nistmöglichkeiten in unmittelbarer Umgebung zum Nahrungsangebot, berücksichtigen.